Sinfonieorchester on the road

Das Basler Sinfonieorchester in Bewegung? Ja, das gibt es tatsächlich – während der Mobilitätswoche vom 10. bis 16. September. Mehr dazu erfahrt ihr von Star-Dirigent Ivor Bolton im exklusiven Basel unterwegs Interview.

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Die Mobilitätswoche Basel Dreiland bietet auch in diesem Jahr wieder ein abwechslungsreiches Programm mit mehr als 70 kostenlosen Aktionen. Erstmals dabei ist das Sinfonieorchester Basel. Am 12.9. gibt es ab 19.30 Uhr «Bewegende Momente» im Musical-Theater, am 13.9. „Bongos & Bikes“ am Marktplatz und schliesslich am Sonntag, den 16.9. ein Picknick-Konzert im Innenhof des Museums der Kulturen (11 bis 12 Uhr). Mehr zu den Performances und zu seinem persönlichen Verhältnis zur Mobilität verrät euch Dirigent Ivor Bolton.

Ivor Bolton, der Umbau des Basler Stadtcasinos bedeutet für Sie und Ihre Kollegen viel Extra-Mobilität. Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um?

Bolton: Die Situation verlangt nach viel Flexibilität und vorausschauender Planung. Natürlich sind zuerst passende Veranstaltungsorte für das breitgefächerte Repertoire zu finden, das wir in unseren Konzerten zur Aufführung bringen. Das Stadtcasino war – und wird es wieder sein – ein bemerkenswert anpassungsfähiger Ort für die unterschiedlichsten Arten von Musik. Das von uns besonders geliebte Münster eignet sich hervorragend beispielsweise für die Sinfonien und Messen von Bruckner, aber weniger für das rhythmische Wechselspiel von Stravinsky. Auch die Atmosphäre spielt eine grosse Rolle. Darüber hinaus müssen wir akustisch wie physisch passende Orte für unsere Proben finden. Für die letztjährige Aufführung von «Romeo und Julia» verbrachten unsere Orchester-Assistenten viele Stunden mit dem Aufbau der «Bühne». Die Besetzung umfasst zwei Chöre, Solisten und ein grosses Orchester. Plattformen mussten erreichtet werden, damit wir uns alle sehen und hören konnten. 

Sie sind Chefdirigent des Basler Sinfonieorchesters, aber leben in Barcelona. Zusätzlich haben Sie sicher weitere internationale Verpflichtungen. In der Wissenschaft spricht man von „hochmobilen Personen“. Wie gehen Sie damit um?

Bolton: Das kann ermüdend und stressig sein. Mein «Arbeitsweg» ist jedes Mal eine Reise, meistens mit dem Flugzeug. Wie wir alle wissen, verbringen wir wegen der verschärften Sicherheitskontrollen seit dem 11. September 2001 wesentlich mehr Zeit am Flughafen; eine achtlos vergessene Tasche kann dafür sorgen, dass ganze Terminals geschlossen werden. In den vergangenen Monaten scheint es sogar noch schlimmer geworden zu sein. Deswegen graut mir manchmal vor dem Weg zum Flughafen. -Besonders angenehm sind hingegen Reisen mit dem Zug, wie etwa die schnelle AVE-Verbindung zwischen Madrid und Barcelona. 

Wie nehmen Sie die Mobilität und den Verkehr in Basel im Vergleich zu anderen Städten wahr?

Bolton: Sehr gut: ein ausgezeichnetes und umfangreiches Tramnetz , sehr pünktlich und auch für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung ausgelegt. Auch das Schweizerische Bahnnetz hat seinen guten Ruf zurecht. Basel ist auch eine gute Stadt zum Velofahren. In meiner Heimat Grossbritannien sieht das teilweise anders aus. Mein Sohn hat eine leichte Behinderung, manche seiner Schulfreunde auch schwerere, und sogar in einer guten Stadt wie Cambridge war es für sie oft schwierig, überall hinzukommen.

Sie werden im Rahmen der Mobilitätswoche Musikstücke mit einem Bezug zur Mobilität spielen. Worauf dürfen wir uns freuen?

Bolton: Es gibt eine nennenswerte Anzahl klassischer Stücke mit offenkundigem Bezug zur Mobilität, wie zum Beispiel Mendelssohns «Meeresstille und glückliche Fahrt» oder Adams «Short Ride in a fast machine». Doch vielleicht noch relevanter ist die Vorstellung, dass Menschen für ein Konzert zusammenkommen: Sowohl die Künstler als auch das Publikum sind darauf angewiesen, mobil zu sein. Ein Orchester mit über 20 Nationalitäten und Zuhörerinnen und Zuhörer aus mehreren Ländern, die sich für zweieinhalb Stunden treffen, die nur der Musik gehören. 

Bleibt bei so viel beruflicher Mobilität überhaupt noch Lust auf Bewegung in der Freizeit? Falls ja – was unternehmen Sie gerne?

Bolton: Ja, oft freue mich wirklich, an freien Tagen mal zuhause bleiben zu können. Natürlich ist Barcelona eine inspirierende Stadt, ich geniesse Spaziergänge – mit den Hunden, am Strand oder im Collserola Naturpark in der Nähe unseres Hauses im Stadtteil Vallvidrera. Ich gehe auch gerne an Fussball-Spiele und habe ein Saison-Ticket in Barcelona, obwohl ich leider oft nicht dabei sein kann. Manchmal sehe ich mir auch Spiele von Real Madrid an. Und ich warte sehnlichst darauf, dass ein Spiel des FC Basel auf einen Tag fällt, an dem ich hier bin, aber nicht arbeiten muss.

Ivor Bolton, herzlichen Dank für dieses Gespräch! Wir freuen uns auf das Sinfonieorchester Basel bei der Mobilitätswoche.

Bildquellen: Matthias Willi (Orchester), Ben Wright (Portrait)