Das Tram: Geschichte eines Verkehrsmittels

Die Geschichte der Trams in aller Welt ist eng gebunden an die urbane Entwicklung: Mit immer grösseren Städte wuchs das Bedürfnis nach nachhaltiger, für alle verfügbare Mobilität. Geh mit uns auf eine kleine Zeitreise!

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Wenn heute vom Drämmli die Rede ist, hast du vermutlich sofort Bilder mit elektrischen Oberleitungen im Kopf. Doch als das Konzept der Strassenbahn noch in den Kinderschuhen steckte, sah alles noch ein klein wenig anders aus. Zwar fuhren die Wagen bereits in Schienen, für das Vorwärtskommen sorgte aber nicht der elektrische Strom, sondern die Muskelkraft von Pferden oder Maultieren.

 

Die Tram-Geschichte beginnt in New York

Die weltweit erste Strassenbahn war ab dem Jahr 1832 in New York unterwegs und transportierte maximal 30 Personen gleichzeitig. Und die Metropole im Nordosten der USA nahm für lange Zeit eine Vorreiterrolle in der Weiterentwicklung der Strassenbahn ein: Auch die erste dampfbetriebene Strassenbahn drehte hier ihre Runden. Ab 1873 wurden dann die ersten kabelbetriebenen Bahnen eingesetzt.

Bei den elektrischen Trams hatten jedoch unsere Nachbarn in Deutschland die Nase vorn: 1881 startet die «Elektrische Strassenbahn Lichterfelde-Kadettenanstalt» im Grossraum Berlin ihren Betrieb. Auf den Wagen stand schon damals ein bekannter Name, den du heute in Basel auf den Combino-Zügen findest: Siemens. Übrigens: Die erste europäische Stadt mit einer Strassenbahn war Paris im Jahr 1855, in der Schweiz feierte das neue Verkehrsmittel 1862 in Genf sein Debüt.

 

Basel und seine Drämmli

In Basel diskutierte man ab 1874 die Idee eines von Pferden gezogenen Trams, die so aber nie umgesetzt wurde. Stattdessen durften die Vierbeiner ab 1881 einen nicht schienengebundenen «Tramomnibus» durch die Stadt bewegen. 1895 kam dann aber doch die Strassenbahn zum Einsatz, und zwar auf der Strecke Centralbahnhof – Barfüsserplatz – Claraplatz – Badischer Bahnhof.

Herzlichen Dank an «Verschwundenes Basel» für die grossartigen Bilder (hier geht es zur Facebook-Seite)!

 

Mit Birsfelden wurde die erste Vorortgemeinde mit dem Tram verbunden. Das war im Jahr 1897. Ein weiterer wegweisender Meilenstein folgte im Jahr 1900 mit der Eröffnung der grenzüberschreitenden Linie ins damals noch deutsche St. Ludwig (heute Saint-Louis). Seither hat sich vieles verändert: So wurden beispielsweise 1948 die ersten Grossraumwagen eingeführt, es gab zahlreiche Anpassungen am Streckennetz, unterschiedliche Modelle von Strassenbahnen kamen und gingen, doch eines ist immer gleich geblieben: Die Basler lieben ihr Drämmli. Einige würden sogar sicher sagen, dass wir einen Platz auf dieser Liste der zehn schönsten Strassenbahnmetropolen der Welt verdient hätten. Und falls du einmal einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit unternehmen möchtest, bietet sich eine Fahrt mit einem der Oldtimer-Trams der BVB an. Mehr über die historische Entwicklung des Basler «Drämmli» und ihre Hintergründe erfährst du in unserem Gespräch mit Stephan Appenzeller, Historiker und Präsident der IG ÖV Nordwestschweiz.

«Ohne alle die Personen hinter den Kulissen würde es nicht laufen!»

Herr Appenzeller, Sie haben sich intensiv mit dem Basler Drämmli und seiner Geschichte auseinandergesetzt. Was fasziniert Sie daran?

Spannend ist vor allem, dass der städtische Strassenbahnbetrieb die Basler als politisches Thema immer beschäftigt hat. Wie in allen Städten war die Strassenbahn auch in Basel ein wichtiger Motor der Stadtentwicklung. Man hat sie ursprünglich gebaut, damit die Menschen sich in den immer grösser werdenden Städten fortbewegen konnten. Im Lauf der Geschichte waren unterschiedliche Strömungen zu beobachten: Es gab Zeiten, in denen der Ausbau gar nicht schnell genug voranschreiten konnte. Das Gegenteil trifft auf die Epoche nach dem Zweiten Weltkrieg zu, als nur noch das Auto zählte und man sogar überlegte, alle Strassenbahnen durch Busse zu ersetzen, um mehr Platz für die Autos zu schaffen.

 

Dabei handelt es sich aber nicht um ein Basler Phänomen, richtig?

Diese Trends erlebten im Grunde genommen alle grösseren Städte. Wir haben einfach das Glück, dass unser Strassenbahnnetz in Basel in der Zeit des grenzenlosen Glaubens ans Auto weitgehend erhalten blieb, auch wenn einige Strecken auf Busbetrieb umgestellt wurden, wie beispielsweise die Verbindung vom Schützenhaus über die Johanniterbrücke zum Badischen Bahnhof. Heute bedauert man diesen Schritt, doch eine Strassenbahnlinie wieder neu aufzubauen, ist natürlich enorm aufwändig.

 

Welche Personen hatten entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Strassenbahn in Basel?

Mir ist von meinen Recherchen Otto Miescher als eine der prägendsten Figuren im Kopf geblieben – er war von 1947 bis 1962 Direktor der BVB und ihm verdanken wir, dass das Tram nicht dem Automobilverkehr geopfert wurde. Doch am Ende sind es ganz viele Menschen, die dazu beitragen, dass ein ÖV-Unternehmen funktioniert – ohne Wagenführerinnen und Wagenführer, ohne das Personal in den Werkstätten, ohne alle die Personen hinter den Kulissen würde es nicht laufen. Und nicht zu vergessen: die Bevölkerung, die das Angebot annimmt und regelmässig nutzt.

 

Woher kommt Ihr persönliches Interesse am öffentlichen Verkehr?

Das Thema hat mich schon von Kindesbeinen an begeistert – und nie mehr losgelassen. Die meisten Stationen in meiner beruflichen Laufbahn hatten etwas mit dem öffentlichen Verkehr zu tun. Als besonderes Glück empfand ich es, als ich 1995 den Auftrag erhielt, zum hundertjährigen Jubiläum der Basler Verkehrsbetrieb die gesamte Geschichte in einem Buch mit dem Titel «Basel und sein Tram» (erhältlich zum Beispiel auf Anibis oder Ricardo) aufzuarbeiten.

 

Herr Appenzeller, vielen Dank für das Gespräch!

Was denkst du – wo könnte am Basler Tramnetz noch etwas verbessert werden? Verrate es uns auf Facebook!