Seit Herbst letzten Jahres kannst du in Basel eines der 40 Elektrokleinstwagen für den Stadtverkehr mieten. Das ENUU funktioniert wie andere Fahrzeuge zum Teilen, also Mobility Go, Pick-e-Bike oder eines der zahlreichen E-Trottis. Smartphone raus, Fahrzeug freischalten und losdüsen. Die Abrechnung erfolgt dann minutengenau. Soweit alles gleich? Nicht ganz.
ENUU stand von Beginn an in der Kritik. Grossgewachsene Politiker zwängten sich in den Kleinstwagen zum Selbstversuch, Verbände meldeten Vorbehalte an und einige Medien und Einwohnerinnen und Einwohner schwangen schon zum Start die verbale Keule. Velofahrende fürchten um ihre Abstellplätze und für Autofahrer und Fussgänger sind die Miniautos ein Hindernis. Und überhaupt sind die Fahrzeuge gar nicht sexy, um nicht zu sagen eine optische Katastrophe…
Das perfekte Stadtauto
Doch Augenblick mal. Schaut man durch die etwas sachlichere Brille, dann sieht es etwas anders aus. Die ENUUs sind sehr klein, sie sparen also städtischen Raum. Insbesondere, wenn sie als Sharingfahrzeuge angeboten werden und damit von verschiedenen Leuten genutzt werden.
Ein ENUU braucht gerade einmal 1.8 Quadratmeter an Grundfläche. Der aktuelle VW Golf ist mit 7.7 Quadratmetern deutlich hungriger. Er verlangt nach 4mal mehr Fläche. Nun kommt sicher das grosse ABER: Ja dein Billy-Regal passt tatsächlich nicht ins ENUU. Aber denk mal nach, wie oft das Auto nur von einer Person und ohne grösseres Gepäck genutzt wird.
In Basel gab es übrigens 2019 mehr als 70’000 Motorwagen. Wenn als nur ein Teil der Nutzenden davon aufs ENUU setzen würde, wäre schon viel erreicht. Und wer ernsthaft argumentiert, dass es keinen Platz mehr für die ENUUs in Basel gibt, schaut am eigentlichen (Platz-)Problem vorbei.
Und Lärm und Abgase? Fehlanzeige. ENUUs fahren elektrisch und sind damit emissionsarm und klimaschonend. Und sie sind sehr leicht – das spart Energie und Ressourcen. Natürlich kommt auch der Strom fürs ENUU nicht einfach aus der Steckdose – so wie auch das Benzin nicht einfach aus dem Zapfhahn kommt. Ein Elektromotor hat nach dem heutigen Stand der Technik aber einfach mal den deutlichen besseren Wirkungsgrad. Auf den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen und das Recycling von Akkus muss künftig aber noch mehr Augenmerk gelegt werden.
Umweltfreundliche Verkehrsmittel
Für alle, die sich an die Abstimmung vom Februar 2020 erinnern: Die Stimmbevölkerung hat sich dafür ausgesprochen, dass umweltfreundliche Verkehrsmittel bevorzugt behandelt werden sollen. Ihr Anteil soll durch Fördermassnahmen erhöht werden.
Aber was genau sind denn eigentlich umweltfreundliche Verkehrsmittel? Diese sind in einer neuen Verordnung definiert: Kurz gesagt, umweltfreundliche Verkehrsmittel sind flächeneffizient, emissionsarm, klima- und ressourcenschonend. Hoppla: Alles Eigenschaften, die sich auch beim ENUU ohne grosse Suche finden lassen.
ENUUs sind also eine gute Sache. Wahrscheinlich sind sie nicht die Zukunft der Mobilität – aber sie sind gewiss eine sinnvolle Ergänzung zum ÖV, Velo, zu Fuss gehen und anderen Formen geteilter Mobilität (wie Carsharing und Co.). Auf jeden Fall ein Wegbereiter. Und vielleicht gelingt es künftig besser, die Vorteile der ENUUs in den Vordergrund zu rücken und die Optik und Ästhetik nicht ganz so wichtig zu nehmen. Auch wenn Mobilität immer ein sehr emotionales und ästethisches Thema ist.
Vom hässlichen Entlein…
Vielleicht durchleben diese Light Electric Vehicles (LEV), wie sie im Fachjargon auch genannt werden, aber auch eine ähnliche Metamorphose wie die E-Bikes. Also vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan.
Kannst du dich noch an die ersten E-Bike-Modelle erinnern? Die waren nicht gerade flott und als Seniorenvehikel verschrien.
Ein paar Jahre später nun sehen die E-Bikes doch wesentlich schnittiger aus. Der Motor ist kleiner und der Akku besser integriert. Bei machen Modellen muss man schon sehr genau hinschauen, um das E-Bike überhaupt noch als solches zu erkennen. Und ob jung oder alt, die E-Bikes sind beliebter als je zuvor und liegen voll im Trend – in allen Altersklassen.
Drücken wir also die Daumen, das auch andere umweltfreundliche Fahrzeuge mit der Zeit noch optisch ansprechender werden – zumindest ein wenig. Das sorgt für mehr Freude, Emotionen und Akzeptanz. Und mit einer grösseren Anzahl solcher (geteilten) Fahrzeuge profitieren wir von mehr Platz für Aufenthalt und Stadtgrün, mehr Ruhe und sauberer Luft. Und das wünschen wir uns doch alle, oder?