Urs Weber: eine Zeitreise mit dem Drämmli

In unserer Serie «Mobiliätsgeschichten» lassen wir Basler Persönlichkeiten zu Wort kommen, die ihre ganz eigene Perspektive auf die Mobilität in unserer Stadt haben. Den Anfang macht Urs Weber: Als langjähriger BVB-Mitarbeiter, ehemaliger Präsident des Tramclub Basel und erfahrener Chauffeur des beliebten Oldtimer-Trams kennt er alle Strassen (und Schienen) wie seine Westentasche.

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Herr Weber, Sie waren 50 Jahre für die BVB aktiv. Gibt es eine Anekdote, an die Sie besonders gern zurückdenken?

Das war ganz am Anfang, als es noch wesentlich familiärer zuging, vor allem auf den Aussenlinien. Ich war auf dem 14er unterwegs, mit einem Wagenführer, der die Strecke schon lange kannte. Ich war noch Billeteur und wir fuhren mit dem ersten Kurs von Pratteln in Richtung Stadt. Ich fertigte den Wagen ab, aber er fuhr nicht los. Daraufhin blinkte ich nochmals mit dem optischen Signal, aber es passierte nichts. Also ging ich nach vorne und fragte, worauf wir warten. Der Wagenführer meinte nur: «Schau da runter, da kommt er gerannt. Der hat heute noch gefehlt.»

 

Wie sind Sie heute noch mit der BVB verbunden?

Unter anderem über den Tramclub und das Museum, in dem wir gerade stehen. Ich habe bei der Gestaltung viel mitgearbeitet. Manchmal musste ich mich ein wenig durchsetzen, wenn es darum ging, was wir ausstellen. Ich hatte aber auch gute Unterstützung, unter anderem von Georg Vischer, dem damaligen Vizedirektor, und vom gesamten Tramclub. Auf dieser kleinen Fläche können wir doch recht viel zeigen. Natürlich wäre grösser besser, doch wir wechseln die Ausstellungsstücke immer wieder ab.

 

«Ich war schon als Kind auf allen Tramlinien unterwegs.»

 

Weshalb muss man denn das Tram-Museum mal gesehen haben?

Das muss man nicht. Aber wenn man sich für das Tram und vielleicht auch ein wenig für die städtebauliche Entwicklung in Basel interessieren, haben wir einiges zu bieten. Wir zeigen viele Fotos, die man nicht schon von anderen Gelegenheiten kennt. Ausserdem bieten wir Führungen, bei denen man mehr über die Geschichte der alten Fahrzeuge erfährt und sich diese ansehen kann.

Wie kam Ihre Faszination für das Drämmli zustande?

Das habe ich mich auch schon gefragt. Sicher war dies eine Grundlage: Meine Grossutter hat lang im Konsum gearbeitet und hatte deswegen ein Tram-Abonnement. Wenn sie mich gehütet hat, war ich immer furchtbar zufrieden, wenn wir mit dem Tram gefahren sind. So war ich auf ihrem Schoss auf allen Linien unterwegs.

Nachmittags gab es dann ein Zvieri, danach sind wir noch ein Stück weitergefahren. Schon damals hat mich alles interessiert und ich habe den Eltern und der Grossmutter Löcher in den Bauch gefragt. So ist es dann geblieben. Da mein Vater kein Auto hatte, sind wir auch mit dem Zug in die Ferien, das hat mich ebenfalls fasziniert. Tram und Eisenbahn standen immer an erster Stelle.

 

Hatten Sie als Chauffeur eine Lieblingsstrecke?

Ganz gern bin ich mit dem 14er in Pratteln gefahren, oder auch übers Bruderholz. Das war immer anspruchsvoll, vor allem wenn es rutschig war. Man musste darauf achten, wie man bremsen kann oder nach oben kommt. Herausfordernde Aufgaben hatte ich immer gern, auch schwere Züge mit zwei Anhängern.

 

«Auf Brücken erlebt man häufig eine besondere Stimmung.»

 

Weshalb fährt man denn manche Strecken lieber als andere?

Da muss ich gleich vorweg sagen, dass sich das stark verändert hat. Doch früher gab es Strecken, für die man viel Nerven benötigte, wie zum Beispiel die Güterstrasse von der Heiliggeistkirche bis zur IWB. Viele Autos und viele Velofahrer auf einer gemeinsamen Strecke, das war wirklich anstrengend. Ich komme aber gern nochmals zu den Strecken zurück, die ich über die Jahre lieb gewonnen habe, davon gab es nämlich viele. So bin ich immer gern über Brücken gefahren, da erlebt man häufig eine besondere Stimmung. Auch Überland war immer schön, zum Beispiel nach Riehen oder eben nach Pratteln.

 

Wie sind Sie selbst heute unterwegs?

Wenn man aus dem Haus kommt, ist man natürlich erst einmal zu Fuss unterwegs. Danach geht es dann meistens auf die erste Haltestelle, auf den Bus, oder das Tram. Wenn ich weiter weg muss, dann gehts mit der Eisenbahn oder einem Postauto. Was ich auch sehr gern mache, ist mit dem Schiff fahren, vor allem, wenn es ein Raddampfer ist.

 

Sie haben sich den Ticketautomaten als Hintergrund gewünscht. Weshalb?

Als ich schon längere Zeit Chef des Fahrplanbüros war und einmal Pikettdienst hatte, rief mich eines Nachts die Landschäftler Polizei an. «Hier ist der Polizeiposten Allschwil. Können Sie kommen? Die haben einen Automaten gesprengt.» Als ich am Ort des Geschehens im Baselmattweg ankam, war alles über den Boden verstreut. Auch die Tasten lagen dabei, aber genau wie man sie hier sieht, nicht verschoben und schön in einer Reihe. Da musste ich schallend lachen. Was aber auch interessant war: Die Kasse haben sie nicht erwischt, weil sie so fest verankert war. Das war für uns eigentlich die Hauptsache.

 

«Ich war der letzte Billeteur – um eine einzige Minute.»

 

Sie waren in Ihrer Berufslaufbahn ja nicht nur Chauffeur, sondern auch Billeteur. Was genau waren Ihre Aufgaben?

Wir haben im Tram die Billets verkauft. In den modernen Wägen sassen wir bei der hintersten Tür. Dort sind die Leute eingestiegen und haben entweder ihr Abonnement gezeigt oder ein Billet gelöst. In den alten Fahrzeugen gab es das nicht, da sind wir auf und abgelaufen, um zu kontrollieren und zu verkaufen. Ausserdem haben wir abgefertigt, das heisst, wir haben sichergestellt, dass alle ein- und ausgestiegen waren, und dann die Türen geschlossen.

 

Wie lange gab es diesen Beruf?

Bis 1970. Ich war tatsächlich um eine Minute der allerletzte Billeteur, den es gab, weil ich am Abschlusstag auf der Linie mit dem spätesten Stopp eingeteilt war.

 

Auf Basis Ihrer langjährigen Erfahrung – was würden Sie sich für die Entwicklung des Verkehrs in Basel wünschen?

Ich denke, man sollte den ÖV noch mehr fördern.

 

Herr Weber, herzlichen Dank für dieses Gespräch.