Starke Initiative für eine trinationale S-Bahn

Unter dem Namen «Basel vernetzt» setzen sich zahlreiche Organisationen, Parteien und Unternehmen für einen raschen und konsequenten Ausbau des S-Bahn-Systems in der Region ein. Wir sprachen mit Dr. Sebastian Deininger und Silvan Buchecker von der Handelskammer beider Basel über Nutzen, Dauer und Kosten des Grossprojekts.

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Weshalb hat sich die Handelskammer beider Basel zur Lancierung der Initiative «Basel vernetzt» entschieden?

Dr. Sebastian Deininger: Mit der Initiative «Basel vernetzt» vereinen wir die Befürworterinnen und Befürworter der trinationalen S-Bahn in einer Community und treten als Region geschlossen gegenüber Bundesbern auf. Hierfür informieren wir über das Projekt trinationale S-Bahn und dessen Nutzen für die Bevölkerung. Das wurde in der Vergangenheit zu wenig gemacht.

Dr. Sebastian Deininger Silvan Buchecker

 

«Ja zur trinationalen S-Bahn»: Was beinhaltet dies? Im Zentrum steht das sogenannte Herzstück, doch welche weiteren Elemente sind geplant respektive gewünscht?

Silvan Buchecker: Das Herzstück besteht aus der unterirdischen Verbindung vom Bahnhof Basel SBB zum Badischen Bahnhof mit der neuen Haltestelle Mitte (im Bereich Marktplatz) sowie vom Bahnhof Basel SBB zum Bahnhof St. Johann. Zudem werden die Zulaufstrecken nach Basel ausgebaut, etwa jene aus dem Fricktal, aus dem Wiesental oder aus dem Elsass inklusive Bahnanbindung an den EuroAirport. Statt des bisherigen 30- oder 60-Minuten-Takts kann die S-Bahn häufiger fahren: alle 15 Minuten und im Zentrum alle fünf bis zehn Minuten. 

Deininger: An einer Medienkonferenz Ende Juni hat die Handelskammer gemeinsam mit den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentariern Forderungen zum Bahnausbau aufgestellt. Konkret fordern wir, dass der Bund die Realisierung des Tiefbahnhofs Basel SBB sowie die Zulaufstrecke ins Fricktal in die Botschaft 2026 des Bundes aufnimmt. Dies als ersten Schritt zur Realisierung des Herzstücks.

«So stärken wir auch die Rolle der Region Basel als Gateway der Schweiz nach Europa.»


Was sind die wichtigsten Ziele des Ausbaus?

Buchecker: Die Bevölkerung im trinationalen Metropolitanraum Oberrhein wächst bis 2040 um gut 140’000 Menschen und 90’000 Arbeitsplätze. Wir brauchen zukunfts- und leistungsfähige Infrastrukturen, um den Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden und sicherzustellen, dass die Unternehmen in der Region gut erreichbar bleiben. Damit trägt das Projekt wesentlich zu einem attraktiveren Standort bei. Natürlich leistet die S-Bahn auch einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der nationalen und kantonalen Klimaziele. Und das nicht nur im Personenverkehr – mehr Schienenkapazitäten ermöglichen die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und damit einen klimafreundlicheren Transport. So stärken wir auch die Rolle der Region Basel als Gateway der Schweiz nach Europa.

Was verändert der Ausbau für die Basler Bevölkerung? Welcher Mehrwert entsteht?

Deininger: Der Ausbau ermöglicht häufige, schnelle und direkte Verbindungen. Die Bevölkerung reist mit der S-Bahn komfortabler und schneller. Den Menschen bleibt mehr Zeit – beispielsweise für Freizeit und Hobbys. Zudem dürfte mit dem Ausbau der S-Bahn und der damit einhergehenden Verlagerung von der Strasse auf die Schiene die Zahl der Verkehrsunfälle sinken. BSS Volkwirtschaftliche Beratung hat berechnet, dass das Herzstück zur Vermeidung von Unfallkosten in der Höhe von jährlich rund sechs Millionen Franken beitragen wird.

Mit welcher Bauzeit wäre zu rechnen? Und wann könnte aus Ihrer Sicht die erste S-Bahn auf dem Herzstück fahren?

Buchecker: Die Unterstützerinnen und Unterstützer verlangen in der gemeinsamen Charta die vollständige Realisierung der trinationalen S-Bahn inklusive Herzstück bis ins Jahr 2045. Dies ist bei vorhandenem politischem Willen realistisch. Bereits in den kommenden Jahren verbessert sich das Angebot laufend aufgrund der schon beschlossenen Ausbauten wie der Zulaufstrecke ins Elsass samt Anschluss des EuroAirports oder des Viertelstundentaktes zwischen Basel und Liestal, welcher bereits übernächstes Jahr umgesetzt wird 

Wie würden die Kosten für den Ausbau geschultert?

Deininger: In der Schweiz finanziert der Bund entsprechende Projekte mit dem Bahninfrastrukturfonds (BIF), einschliesslich Publikumsanlagen wie Bahnhöfen, zu 100 Prozent. Entsprechend werden auch die Ausbauten der trinationalen S-Bahn vom Bund finanziert. Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft finanzieren allerdings räumliche Anpassungen im direkten Umfeld der künftigen Anlagen. Zudem haben die Kantone zur rascheren Realisierung der S-Bahn-Haltestelle Morgartenring beschlossen, deren Projektierung zu finanzieren. Den Bau finanziert der Bund wieder regulär.

«Die breite Unterstützung durch Parteien, Verbände und Unternehmen zeigt, dass die Region Basel geeint hinter dem Ausbau der trinationalen S-Bahn steht.»


Mit welchen Mitteln setzt sich die Initiative für den Ausbau ein?

Buchecker: Die Handelskammer und weitere Akteure der Region setzen sich mit diversen Instrumenten für den Ausbau der trinationalen S-Bahn ein. Die Initiative umfasst unsere Community-Webseite, wo wir niederschwellige Informationen zum Projekt zur Verfügung stellen. Ende Juni haben wir einen Newsletter lanciert, für den Sie sich hier anmelden können. Auch Anlässe zum Thema trinationale S-Bahn sind denkbar.

Zu den Unterstützern der Initiative zählen Parteien aus dem gesamten politischen Spektrum. Haben Sie je eine so breite politische Abstützung bei einem Anliegen erlebt?

Deininger: Die breite Unterstützung durch Parteien, Verbände und Unternehmen zeigt, dass die Region Basel geeint hinter dem Ausbau der trinationalen S-Bahn steht. Basel ist der einzige Metropolitanraum der Schweiz ohne leistungsfähiges S-Bahn-System. Dies muss sich rasch ändern. Wenige andere Themen geniessen einen solch breiten Rückhalt in der Region.

Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch.

Basel, 20.07.2023